Spraydosen – vom Allround Produkt zur Künstlerfarbe
So alt die Geschichte der modernen Graffitibewegung auch ist, das namensgebende Medium der Sprüher ist deutlich älter. So lassen sich die Ursprünge der Sprühdose lassen bis in die 1920er Jahre zurückverfolgen, als der Norweger Erik Rotheim das erste Patent für eine Handdrucksprühflasche anmeldete. Da sie jedoch noch nicht mit einem Treibmittel ausgestattet war, fand sie zunächst nur begrenzte Verwendung. Der eigentliche Durchbruch erfolgte in den späten 1940er Jahren, als die Amerikaner Edward Seymour und Robert Abplanalp die moderne Sprühdose entwickelten. Sie integrierten ein Treibmittel in den Behälter, das es ermöglichte, den Inhalt mittels Druckluft oder einer chemischen Reaktion zu versprühen. Dies war ein Meilenstein für die Verwendung von Aerosolen in der Industrie.
In den folgenden Jahrzehnten wurde die Sprühdose weiterentwickelt und fand zunehmend Verbreitung in verschiedenen Bereichen. In den 1960er Jahren erlangte sie große Popularität in der Graffiti-Kunst, wo Künstler wie Taki 183 in New York City begannen, öffentliche Flächen mit ihren Werken zu besprühen. Zahlreiche Bilder u.a. von Martha Cooper und Henry Chalfant, die mit dem Buch SUBWAY ART das Standardwerk der Graffitigeschichte schufen, zeigen die Künstler mit Sprühdosen des US-Unternehmens Rust-Oleum, dem damaligen Premiumprodukt unter den Sprühdosen.
Als Graffiti seinen Weg aus den USA nach Europa fand, mussten sich hier ansässige Sprüher auch erst einmal in der Materie zurechtfinden. Als beliebt erwiesen sich in Deutschland die Sprühdosen der Marken SPARVAR, die durch eine große Farbauswahl bestachen oder BELTON, die zwar weniger Auswahl boten, dafür aber zum Teil besser deckten. Andere, ebenfalls in Baumärkten oder manchmal auch nur im Spezialvertrieb zu findende Marken wie MARABU, MULTONA, AUTO-K oder DUPLI COLOR, waren ebenfalls hoch im Kurs. Während sich Graffiti als Kunstform etablierte, stellte sich schnell heraus, dass sich aus dem Bedarf der Sprüher ein Geschäft machen ließ. Die ersten, direkt für die Anwendung Graffiti hergestellten Sprühdosen tauchten in Graffiti Shops auf, die Anfang der 90er Jahre aus dem Boden schossen. Der Anspruch der Sprüher war zunächst, hochdenkende Farben zu erhalten, die auf möglichst jedem Untergrund haften. Hersteller wie die Peter Kwasny GmbH, zu deren Sortiment unter anderem die Marke BELTON gehört, erhöhten den Pigmentanteil und brachten immer mehr Farben, Schattierungen und dezidierte Sprühdosen mit mehr oder weniger Druck auf den Markt. Inzwischen ist BELTON eine der Premium Marken im Graffitibereich und teilt sich den Markt mit der Marke MONTANA, die ebenfalls eine breite Palette an Farben anbietet. Inzwischen bieten diese und weitere Hersteller spezielle Sprühdosen sowohl für illegales Graffiti, bei dem oft Dosen mit hoher Deckkraft und großem Output gewünscht sind, als auch für legale Projekte und Leinwände an, bei denen es eher um Akkuratesse und Spezialanwendungen geht.
Rund um Graffiti hat sich inzwischen eine Industrie positioniert, die ambitionierten Sprühern für jede Anwendung das richtige Medium zur Verfügung stellt. Hinzu kommen noch spezielle Sprühköpfe, die sogenannten Caps, von denen es Zahlreiche Varianten gibt, doch das ist eine andere Geschichte…